Nun bin ich auch mit Brian Bagnalls dritten Commodore-Buch durch. Auch mit jenem, wie schon bei seinen beiden Vorgängern, habe ich einige Zeit für die etwas über 700 Seiten gebraucht. So was liest man nicht in einer Woche runter. Ich zumindest nicht. Ich habe dafür jetzt etwas über ein halbes Jahr gebraucht, immer wieder etwas zwischendurch oder parallel gelesen und eben mal hier und da ein Kapitel von diesem Buch. Sein erstes Buch A COMPANY ON THE EDGE behandelte den Zeitraum zwischen 1975 – 1984. Die Zeit der Taschenrechner, des PET, des VC20 und natürlich der Aufstieg des C64 von Commondore. Es handelt eben bis man Jack Tramiel aus seiner eigenen Firma rausgeschmissen hatte. Der hatte sich dann noch ein bisschen gerächt, in dem erst kurz darauf von Warner die Computer-Division von Atari gekauft hatte und so zum stärksten Konkurrenten in Sachen preisgünstige Heimcomputer wurde. Das zweite Buch THE AMIGA YEARS beleuchtet die Zeit von 1982 bis 1987 Und es geht eben um den Kauf der Firma Amiga und dessen 16-Bit-Chips und Betriebsystem und die Idee einer Spielkonsole, aus der dann aber der Amiga 1000 Heimcomputer geworden ist. Ein Computer, der seiner Zeit voraus war, nur das das kaum jemand gemerkt hat. Denn die Software war nicht da gewesen, die diese Überlegenheit aufgezeigt hätte. Zudem wurde er falsch vermarktet, den bei seinem Erscheinen, war der Amiga keineswegs nur ein Spielecomputer. Als man sich dann dran machte, dass dann doch mal zu zeigen, war es, wie wir heute wissen schon zu spät gewesen.
Das Buch hier bescheint den endgültigen Niedergang der Firma. 1987 bis 1994. Bisher waren in den zwei ersten Büchern fast nur die Ingenieure zu Wort gekommen bzw. hatten sich zu den Themen geäußert. Im dritten Buch äußert sich u.a. der Marketingchef von erst Commodore UK und später komplett Europa exklusive Deutschland, die mit ihrem eigenen Werk und Art die Computer zu vermarkten einen bisschen anderen Weg gegangen sind und damit auch zunächst sehr erfolgreich gewesen sind mit dem Amiga. Der Marketingchef von UK hatte schon seiner Zeit gesehen, dass der Amiga in Nordamerika völlig falsch und zu verhalten vermarktet wurde. Aber in den USA war man zu arrogant gewesen, auf Europa zu hören. Erst nachdem das Geschäft fast doppelt so gut wie in Nordamerika lief und von dort die Gewinne kamen, die in den USA ausblieben, hörte man ein bisschen auf Europa. Aber das dritte Buch zeigt auch weiter schmerzlich auf, wie eine falsche Führung eine ehemals erfolgreiche Firma gegen die Wand fahren kann und dabei die Topmanager trotzdem reich zu machen. Es war eben nicht nur das Marketing, sondern zum größten Teil das Management nach Jack Tramiel (dem man vorgeworfen hatte seine Firma nicht richtig und gut genug zu führen) den Karren in den Dreck gefahren hat. Jede Menge falsche Entscheidungen, wodurch sich neue Produkte teilweise exorbitant verspäteten, hatten zu dem Niedergang geführt. Es waren nach dem ersten Amiga viele gute Produkte entwickelt worden, aber einige wurden mit unsinnigen Entscheidungen schon zum Erscheinen zum Elektroschrott oder man ließ so viel an jenen ändern, bis dass jene viel zu spät auf den Markt kamen, so dass sie kein Kunde mehr interessierten.
Es ist wirklich schmerzlich zu lesen, wie das Topmanagement keine Ahnung von Computertechnik oder überhaupt Technik hatte, aber immer das letzte Wort haben wollten und die Ingenieure immer wieder vor dem Kopf gestoßen haben. Und natürlich auch ihre Kunden! Erst hatte man viel zu lange am C64 als einziges Produkt festgehalten. Weil man eben keine Ahnung hatte und die Schnelllebigkeit von Computertechnik kein bisschen verstanden hat und scheinbar auch nicht wollte. Wichtig war nur der kurzsichtige Gewinn innerhalb eines Jahres. Und zuerst fiel das auch gar nicht so auf, dass der Nachfolger des C64, der C128, gar kein richtiger Nachfolger war. Ich weiß wovon ich rede, denn ich hatte selbst einen C128 und habe ihn für ganz Anderes benutzt als meinen C64. Das fiel nicht auf, weil die Verkäufe des C64 immer noch hervorragend liefen. Als man dann merkte, dass mit den 8-Bitern nichts mehr zu verdienen war, hatte man nichts mit einer 16-Bit-Technik auf der Hand. Nur ein paar 8-Bit-Projekte, die ins Nichts oder zu einem Flop führten. Also kaufte man praktisch Amiga vor der Nase von Atari weg und brachte dann aber mit dem 1000er den falschen Computer raus. Er war zu stark und zu teuer um nur eine Spielmaschiene zu sein. War aber auch zu schwach um mit den neues 386er PCs und dem Macintosh mithalten zu können. Mehr zufällig machte man dann mit dem Splitt der Baureihe 2 zum Amiga 500 und den 2000er das Richtige. Der Amiga 500 war ein richtiger Nachfolger für den C64 und der 2000er besaß kurzfristig die Power um zu einer richtig guten Grafik-, Musik- und Videoschnittmaschine zu werden. Und dann ruhte sich das Management auf den Erfolg aus. Die Ingenieure machten sich über die Zukunft schon Gedanken. Es gab ein CD-ROM-Laufwerk, dass auch für den 500er nötig gewesen wäre. Und natürlich Festplatten, die dann zwar später auf den Markt waren, aber eben viel zu spät.
Auch bei dem 2000er machte man den Fehler, hier den Kunden mehr zu bieten, was der Rechner durchaus hergegeben hätte, und setzte lieber auf einen Nachfolger, der dann auch zu spät kam und zudem völlig überteuert. Da weiß ich auch, von was ich rede, denn ich habe auch noch meinen Amiga 2000. Und der hat keine Festplatte von Commodore bekommen, weil es die eben nicht gab, als ich sie brauchte. Dritthersteller hatten sich darüber gefreut und Commodore hatte kein Geld damit gemacht. So am Rande, ich bin dann 1994 endgültig zu den IBM-kompatiblen abgewandert (weil ich mir einen Apple nicht leisten konnte). Das mit CD-Laufwerken hatte man in der Führungsebene völlig in den falschen Hals bekommen bzw. nicht verstanden. Da wollte man lieber etwas fürs “Wohnzimmer” oder für die HiFi-Anlage machen. Kennt noch jemand das CDTV von Commodore? Nein? Eben drum. Das brauchte seiner Zeit nicht nur keiner und wahr viel zu früh dran (ja, auch das konnte Commodore) und war für den einfachen Konsumer ohnehin zu teuer. Und was machte man mit der Erfahrung? Genau! Man ließ einen CDTV 2 entwickeln. Erst viel zu spät kam man auf eine Spielkonsole mit CD. Das/der/die CD32 kam noch rechtzeitig und war sogar vor der Playstation da. Leider wurde aus dem Vorteil nichts gemacht. Bzw. Commodore steckte da schon tief in den roten Zahlen. Und was machen Topmanager wenn so etwas eintritt? Sie kürze ihre Gehälter. Sie machen Entwicklungsabteilungen und Werk zu und entlassen viel Leute. So viele das Commodore kaum noch funktionieren konnte. (Auch sowas kenne ich aus eigener Erfahrung…leider) Für ein Jahr (1993) hatten sie damit Commodore noch einmal finanziell gut aussehen lassen. Danach ging aber eben nichts mehr wirklich. Man hatte nicht einmal genug Geld um den CD32 zu promoten oder den Softwareentwicklern richtig schmackhaft zu machen. Die kamen dann auch nicht, sondern machen lieber was für das SegaCD (okay, auch nicht gerade eine Erfolgsgeschichte) und Sonys Erstling.
Heute denkt man bei der 8-Bit-Ära sofort an den C64. Wenn es um 16-Biter geht, ab und zu mal als erste an den Amiga, meist doch eher an Konsolen wie den Mega Drive und den SNES. Und bei CD-basierenen Systemen? Niemand kann sich an das CDTV oder den CD32 erinnern! Amiga. Das war ja auch wirklich traurig, wie das mit dieser wunderbaren Maschine bzw. deren Chipsatz passierte. Statt einen Nachfolger für den Amiga 500 zu bringen, brachte man den A600, der alles andere als ein Nachfolger war. Denn dieser war in allem schlechter als der 500er. Er war eben nur am Anfang teurer. Aber Kunden merken schon, wenn sie verarscht werden. Auch schon im Pre-Internet-Zeitalter. Der 2000 wurde wiederum technisch nicht ausgeschöpft (zumindest nicht von Commodore), sondern man setzte auch einen Nachfolger, der mal 2200, mal 2500 und mal 3000 heissen sollte. So wie sich die Bezeichnungen änderten, so änderten sich auch die Konfigurationen und Komponenten. Mal wollte das Management eine HighEnd-Maschine, dann wieder einen LowBudget-Computer. Bis dann der 3000er endlich auf den Markt war, interessierte sich keiner mehr dafür. Schonmal weil die Software für das AmigaOS 2 nicht auf den 3000er lief. Und der Amiga 1200? War eine gute Maschine, aber kam zu spät. Und den kennt heute auch keiner mehr außerhalb des Techniknertums.
Bei über 700er Seiten wird das alles sehr ausführlich berichtet und ist zugegeben nur was für Nerds. Aber für uns umso informativer. Auch selbst ich habe ich hier noch einiges lernen können und mein Wissen vertiefen können. Ich hatte nicht gewusst, dass es mal einen UNIX-Amiga gab. Und auch nicht, dass die 286-Commodore-PCs in Braunschweig zusammen geschraubt wurden. Ich hatte immer nur gedacht, dass man danach den letzten C64ern die etwas eigene Version den A2000 gebaut hat. Wir bekamen hier ein Metallgehäuse. Aber nicht, weil man bei Commodore so nett zu den Deutschen sein wollte (wie ich nie ernsthaft gedacht habe), sondern weil man das Gehäuse auch für ein paar Modelle der Commodore-PCs verwendet hatte. Also alles sehr ausführlich und viele Leute kommen hier direkt zu Wort oder werden zitiert oder erzählen die Storys von anderen maßgeblichen Figuren der Commodore-Geschichte, die teilweise von jenen nicht mehr berichtet werden können oder wollen. Die letzten Chefs von Commodore haben sich übrigens trotz allem eine goldene Nase verdient und sind für ihre Fehler nie belangt worden. Bei einem Beispiel, dürfte jener noch eine weitere Firma anschließend gegen die Wand fahren. Aber das ist eine andere Geschichte.
Leider gibt es Buch 3, wie auch schon Buch 2 glaube ich, nur im Original. Kann also vielleicht schon deshalb nicht von jeden gelesen werden. Mit seinem Schulenglisch kommt man beim Techbubble nicht besonders weit. Buch 1 gibt es auf jeden Fall im teutonischen. Ich habe alle drei Bücher allerdings im Original genossen. Und Bagnall ist mit Commodore noch nicht fertig! Buch 4 The Early Years 1954 – 1975 ist schon angekündigt. Das ist eine Periode, die mich nicht ganz so sehr interessiert, aber da seine Bücher bisher immer so gut geschrieben wurden, werde ich es mir wahrscheinlich deswegen schon alleine zu Gemüte führen.